Die Geschichte der Negative

Die Entwicklungsgeschichte der Negative ist eng verbunden mit der Kalotypie (wörtlich: Schöndruck, auch als Talbotypie bekannt). Es handelt sich bei ihr um eine Vorgehensweise, die es das erste Mal ermöglichte, beliebig oft Abzüge eines Negativs zu machen. Bisher waren photographische Bilder immer Unikate gewesen. Die Kalotypie bleibt bis zum Beginn des Digitalzeitalters die Grundlage der modernen Fotografie.

William Henry Fox Talbot – Der englische Fotopionier

Die Geschichte der analogen Negative begann vor fast 200 Jahren, genauer: in den 1830er Jahren mit der Erfindung des Negativ-Positiv-Verfahrens (Kalotypie). Dieser spezielle fotografische Prozess wurde von einem berühmten und wohlhabenden Engländer entwickelt: William Henry Fox Talbot.

Talbot war auch in den Bereichen Literatur, Sprachwissenschaften, Mythologie, Lokalgeschichte und Naturwissenschaften überaus erfolgreich. Die Kalotypie war jedoch bei weitem seine herausragende Erfindung.

William Henry Fox Talbots Leben

William Henry Fox Talbot wurde am 11. Februar 1800 in Melbury, England, geboren. Er war Angehöriger der englischen Oberschicht und besuchte die Harrow School in London. Anschließend studierte er am renommierten Trinity-College in Cambridge Literatur und Mathematik.

Seinen Vater lernte Talbot nicht kennen, da er bereits frühzeitig verstorben war. Dafür hatte Talbots Mutter einen immens großen Einfluss auf ihren Sohn. Sie unterrichtete ihn und animierte ihn zu Großem.

Talbots Leben wurde von mehreren Reisen geprägt. Zudem korrespondierte mit vielen namhaften Wissenschaftlern und war politisch aktiv. 1832 heiratete er.

Gerne wäre er als Maler berühmt beworben. Als er merkte, dass ihm dieser Wunsch verwehrt blieb, er jedoch gerne die schönen Momente seines Lebens festhalten wollte, begann er, mittels behandeltem Papier Gegenstände abzulichten. Jahre mit zahlreichen Experimenten vergingen. 1835 gelang Talbot schließlich der Durchbruch: Er erfand das Negativ-Positiv-Verfahren und nannte es Kalotypie.

Die Kalotypie
von William Henry Fox Talbots

Zur Aufnahme des Bildes verwendete Talbot Jodsilberpapier, das in Gallussäure und Silbernitrat entwickelt und in Natriumthiosulfat fixiert wurde. Um daraus ein transparentes Negativ zu machen, badete Talbot das Bild in Wachs. Anschließend kopierte er das Negativ auf ein anderes lichtempfindliches Papier und erzeugte auf diesem Weg das Positiv.

1840 ging Talbot mit seiner Erfindung an die Öffentlichkeit. 1844 bis 1846 brachte er das erste Fotobuch heraus, das den Titel „The Pencil of Nature“ trug. Das Buch bekam positive Kritik, verkaufte sich jedoch kaum. Zusätzliche Schwierigkeiten erwuchsen, weil Talbot sein Patent über alle Maßen verteidigte und von jedem Interessenten beträchtliche Geldbeträge für die Nutzung seiner Methode verlangte. Die Verbreitung und Weiterentwicklung der Kalotypie wurde dadurch stark behindert. – Bis zu Talbots Tod am 17. September 1877 blieb es ruhig um ihn.

Kalotypie und Daguerreotypie – Was ist besser?

William Henry Fox Talbot veröffentlichte seine Entdeckung erst 1840, nachdem er über die Daguerreotypie, dem französischen Konkurrenzverfahren, gelesen hatte. Denn zeitgleich mit Talbot hatte der französische Theatermaler Louis Jaques Mandé Daguerre (1787 bis 1851) mit der Herstellung von Fotos experimentiert. Eine Zeitlang konkurrierten Kalotypie und Daguerreotypie miteinander.

Der Verdienst der Kalotypie

Die Kalotypie hat den Vorteil, dass sich mit ihr beliebig viele Abzüge machen lassen. Das ist nicht verwunderlich, da bei der Kalotypie stets als erster Schritt ein Negativ entsteht. Die Daguerreotypie besitzt dieses Plus nicht: Bei ihr werden ausschließlich Unikate hergestellt. – Verständlich, dass das Negativ-Positiv-Verfahren von Talbot bis heute in der analogen Fotografie fortlebt...

Der Verdienst der Daguerreotypie

Fotos, die durch die Kalotypie entstanden, waren merklich grobkörniger als diejenigen der Daguerreotypie. Das war nicht verwunderlich, da die Papierstruktur des Negativs durch Talbots Negativ-Positiv-Verfahren während des Kopiervorgangs immer auf das Positiv übertragen wurde. Dieser entscheidende Nachteil der Kalotypie gegenüber der Daguerreotypie ließ sich leider nicht vermeiden.

Die Zeiten haben sich geändert...

Jetzt, im 21. Jahrhundert, werden natürlich Digital- und Spiegelreflexkameras verwendet. Mit ihnen können die Fotos direkt nach der Aufnahme auf der Kamera oder am PC angeschaut werden.

Die Fototechniken, die vorwiegend aus dem analogen Bereich stammen, geraten daher mehr und mehr in Vergessenheit. Jugendlichen ist die analoge Fotografie mitsamt ihren Negativen kaum noch bekannt.